Samstag, 16. Februar 2013

Ein Hauch von Nichts vs. Big City Life

Tag 161: Babinda – Clermont

Der Abschied rückte näher, so wirklich leicht war's für uns nicht.
Diese nette Hütte ist uns in den letzten Wochen zum richtigen zu Hause geworden, eigentlich auch nicht schwierig, so wie wir uns im Innern ausgebreitet und eingerichtet haben.
Aber auch dieser schöne Abschnitt unserer Zeit hier sollte ein Ende nehmen, hinfort vom Badefluss, den Mangos, von einigen verrückten Asiaten, der mehr als gemütlichen WG und den Schlangen im Gebüsch. (:


Der Grund unserer Abreise war aber im Vergleich zu den letzten Wochen denkbar unspektakulär, was wohl auch ein wenig an der Reiseroute lag – während wir bis zur endgültigen Ankunft in Cairns ungefähr dreieinhalb Monate für die gesamte Ostküste gebraucht haben, mussten wir nun die gesamte Strecke in drei Tagen abklappern. Um das möglich zu machen, ging der Weg diesmal hauptsächlich durchs Inland, mal wieder mit abgeschraubten Nummernschildern und mit Sondergenehmigung anstatt Registrierungsaufkleber in der Frontscheibe. Das alles direkt über unserem grinsenden Totenkopf auf der Motorhaube. Wir also durch die auffällige Erscheinung schon auf zahleiche Polizeikontrollen eingestellt, die sich hier mit diesen Spezialgenehmigungen auch nicht so genau auskennen. Nach den ersten Minuten auf den Inlandsstraßen allerdings war uns schon recht klar: Wenn hier überhaupt mal ein Auto entgegenkommt, dann bestimmt keine Polizei.


Dass man doch so schnell ins Outback kommt, hätten wir auch nicht gedacht, dieser große Hauch von Nichts um uns herum gab uns allerdings endgültig die Bestätigung, im Nirgendwo angekommen zu sein. Keine Kurve, geschweige denn ein Ende der Straße in Sicht, abgesehen von dem ein oder anderen Seitenstreifen rein gar nichts neben der Fahrbahn, mit etwas Glück mal ein paar Bäume oder ein paar der unzähligen toten Kängurus – und die, die noch fröhlich durch die Gegend hüpften, schienen sich auch alle mithilfe irgendwelcher Stoßstangen zu Tode springen zu wollen.
Ganz selten mal ein anderes Auto, ein Knick in der Straße oder ein auf irgendetwas hinweisendes Schild – das Einzige, was Einem dort draußen mitgeteilt wurde, war, wie weit doch das nächste minimale Fleckchen Zivilisation entfernt war.


Erster Übernachtungsstopp sollte im beschaulichen Clermont liegen, in welchem wir nach guten neun Stunden Fahrt auch endlich mal ankamen. Auf dem Parkplatz der Tankstelle eines winzigen Örtchens, auf dem flächendeckend ein angenehmer Güllegeruch umherzog.
Seit Ewigkeiten mal wieder Zelte aufbauen, auf Gaskochern kochen und sich wieder dem Campingleben hinwenden, bei dem man ungefähr dreimal so lang für Lebenserhaltungsaßnahmen braucht, wie in der eigenen Hütte im Regenwald. Vielleicht war es der Geruch nach frischem Tierkot, vielleicht auch die vielen Mücken, die diese Nacht auch beiweitem nicht so angenehm gestalteten, wie wir es aus der letzten Zeit kannten.

Tag 162: Clermont – St George

Recht früh musste es also schon weitergehen, weg von Gülle- und Benzingeruch, Richtung Süden sausend. Dabei laufend durch neue Vegetationszonen, mal ist man komplett von der australischen roten Erde umgeben, mal mischen sich ein paar Gräser und Bäume ins Landschaftsbild ein, um sich später wieder zur trockenen Einöde zu wandeln.
Selbst die „Raststätten“, die sich einem unterwegs so anbieten, enttarnen sich eher als verlassene Aboriginie-Lager, zwei Strohhütten, ein Feuerkreis und ein neunzehnjähriger Mitsubishi Pajero, dem wir ab und an auch mal eine Pause gönnen mussten bei all den Kilometern.


Aber schließlich mussten insgesamt rund 2400 km geschafft werden, also warteten auch nach einer vitalisierenden Pause in trockener, brütender Hitze noch ein paar frische Stunden Fahrt im Auto, in dem leider nur die Fenster als Klimaregulation dienen können.
Aber solang das Radio noch funktionierte, die Fensterkurbel noch kurbelten und die Getränke in trinkbaren Temperaturen blieben, war ja alles schön.
Und endlich bekamen wir auch mal was von den ganzen Katastrophen hier unten mit – fährt man doch gerade noch durch eins der abgebrannten Gebiete, zeltet man im Anschluss im Überflutungsgebiet. (:


Tag 163: St George – Gosford

Schleppend ging es weiter, schleppend geht’s hier allgemein voran. Da hat man schon gut Strecke zu schaffen und darf dennoch in den meisten Gebieten nur 100 km/h fahren, mit ganz viel Glück sind auch mal 110 erlaubt. Man kommt also so ziemlich gar nicht voran. Da macht dann so manches Weghindernis auch nicht mehr viel aus.
Unser Vehikel bekam wenigstens eine ordentliche Wäsche vom Outback-Staub, die ein oder andere Straße war ziemlich überflutet. Dieser endlose, eintönige Pfad durch die Pampa wurde somit immerhin mal von einem Wandel im Landschaftsbild geprägt.




Und nach und nach wollte uns das Land auch ein wenig darauf hinweisen, dass wir auf der Weltkarte eine ganze Ecke Richtung Süden gefallen sind. (:
Wir werden uns wohl auf ewig an diesen historischen Moment zurückerinnern, der Tag, an dem wir uns seit ziemlich genau Anfang unseres Roadtrips vor um die 3 Monaten ein wahlweise zerknittertes oder dreckiges Oberteil angezogen haben, weil es ein wenig frisch wurde.
Das Wetter in Sydney kann man zwar beim besten Willen nicht kühl nennen, aber wir waren ein wenig an tropisches Regenwaldwetter gewöhnt. (:
Der Abstand zwischen den Kleinstdörfern wurde kleiner, die Straßen kurvig, der Uhrzeiger wanderte ein Stündchen voraus und auch ein freundlicher Regenbogen hieß uns herzlich im Raum Sydney willkommen.



Eine Nacht gab's jedoch noch am Highway, bevor wir wieder nach Hause kamen.


Tag 164 - 169: Im wunderschönen Sydney


Und es war echt wie "Nach Hause Kommen", wir haben uns direkt wieder sowas von heimisch gefühlt, auch wenn wir gerade mal drei Monate unseres kargen Lebens hier verbracht haben. (:

Dieselben Straßen, dasselbe Hostel, teilweise sogar noch dieselben Menschen, mit denen wir schon vor ein paar Monaten unglaublichen Spaß hatten. Alles bestens wie eh und je.



Und nicht nur, dass alles weiterhin wunderschön ist, wunderschöne Ereignisse sollten auch diese ersten Tage zurück in Sydney abspielen. Gleich am ersten Tag ging's mit unserer Erlaubnis der Regierung zum Mechaniker. Wer sich noch erinnert, im Bundesstaat Queensland wurde unser Auto als ein fahrender Haufen Schrott abgestempelt, Schäden überall, um die 3000 Dollar Reparaturkosten.  Wir kamen also mit etwas mehr Hoffnung zum Mechaniker in New South Wales und trauten unseren Augen selbst kaum.

Innerhalb von 5 Minuten ist der nette Herr einmal ums Auto gelaufen, hat einen Blick in die Motorhaube geworfen, zehn Meter auf die Straße zum Bremstest gefahren und gekonnt unseren quietschenden Keilriemen ignoriert. (:
Anschließend hat er uns mit einem positiven "Brilliant!" den Sicherheitscheck in die Hand gedrückt, viel zu irreal für unsere beschränkten Geister. So krasse Unterschiede kann es doch nicht geben.
Egal, lest aus diesen freudigen (und zugegebenermaßen auch ziemlich blöden) Gesichtern ab, wie sehr wir uns über diesen Triumph freuten. (:



Erfolge wie diese mussten wir natürlich in den letzten Tagen gebührend feiern, das Hostel hat sich kaum verändert, immer viel los, wahrscheinlich mehr Goon- als Trinkwasserverbrauch und viele nette Menschen.

Die Arbeit hat für mich wieder angefangen, dieses Mal allerdings in viel angenehmerer Art und Weise. Keine 70-Stunden-Wochen, kein heftiger Stress, ich bin momentan einfach wieder bei der Küchenhilfenagentur, die mit von Zeit zu Zeit gut bezahlte Jobs liefert.
Bislang war ich ein wenig Champagnergläser an einer Highschool spülen und in der Casino-Küche, in der ich schon zu Beginn des Jahres häufig gearbeitet hab - alles gut also, ein bisschen Geld verdienen nebenher, ohne aber haufenweise Freizeit für spaßigere Dinge als Teller spülen zu verpassen.
Die man zum Beispiel in unserem Zimmer verbringen könnte - wäre es nicht völlig zugestellt, 6 Betten auf viel zu engem Raum, keine Ablage oder irgendwas.
Auf dem Bild sieht man auch eher noch den "aufgeräumtesten Teil". Ich lieg' momentan zwischen ein bisschen Mayonnaise, dreckigen Arbeitsklamotten und ein bisschen Popcorn in meinem Bett, saugemütlich.



Zeit für eine Zwischenbilanz - selber Ort, zusammen mit denselben drei Verrückten und doch ist alles irgendwie anders... Wir haben soeben eine Rarität gefunden, gerade mal dreieinhalb Monate alt und doch so verjährt.




So ganz erkennen wir die vier auch nicht wieder, so gänzlich frisch rasiert, mit Köpfen voller Haare, mit Hose und Oberteil und völlig herausgebügelt. (:

Die letzten Monate haben das alles doch eine Ecke gewandelt, was vielleicht auch daran liegen könnte, das beinahe all unsere Sachen löchrig oder einfach völlig dreckig sind - mittlerweile unwaschbar.
Aber wir haben einfach so viel dazugelernt, so viele paradiesische und wunderschöne Orte gesehen, so viel Hornhaut an den Händen bekommen, so viele Mangos gegessen, so viele Unterhosen zerstört und vor allem sind wir so unfassbar entspannt geworden.
Ganz getreu dem Lebensmotto der Australier - "No worries, mate." (;



Im weiten Nichts ein Streifen Teer,

so viel Land und doch so leer,
stupide Richtung gradeaus,
ohne Ampeln oder Staus,
jetzt der volle Gegensatz,
so viel Stadt, so wenig Platz,
Wolkenkratzer, Menschenmengen,
die in Bus und Bahn rumhängen,
ob große Stadt, ob Einsamkeit,
was 'ne grandiose Zeit. (:

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